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Stärkere Urbanisierung, erhöhter Wasserkonsum durch Industrie und Tourismus sowie Klimawandel: All dies führt dazu, dass auch in Marokko das Wasser in städtischen Räumen knapper wird. Im Rahmen der «Water Scarce Cities Initiative» der Weltbank analysieren wir zusammen mit marokkanischen Behörden, inwiefern das «Integrale Wasserressourcenmanagement» diesem Trend entgegenwirken kann.

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Bei Überschwemmungen ist es möglich, grössere Wassermengen wiederzuverwenden, um Felder zu bewässern oder Grundwasser anzureichern. Und mit aufbereitetem Abwasser aus Haushalten, Hotels oder der Industrie können Golfplätze bewässert werden. Diese Massnahmen systematisch zu nutzen und zu kombinieren, nennt man «Integrales Wasserressourcenmanagement» (IWRM). IWRM ist ein empirisches Konzept, das auf dem Praxis-Know-how erfahrener Fachleute aufbaut. Viele Elemente daraus sind bereits seit mehreren Jahrzenten im Einsatz. Intensiv darüber diskutiert, was das Konzept als Ganzes für die Praxis bedeutet, wurde erstmals nach dem Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung 1992 in Rio. Laut der allgemein anerkannten Definition der Global Water Partnership ist IWRM ein Prozess, bei dem durch koordiniertes Management von Wasser-, Boden- und ähnlichen Ressourcen der Nutzen der Wasserressource ökonomisch und gesellschaftlich maximiert wird, ohne ökologische Schäden hervorzurufen. Inwiefern lassen sich mit IWRM nun Lösungen für Wasserknappheit in Marokko finden? Dies prüfen wir zusammen mit marokkanischen Behörden im Rahmen der «Water Scarce Cities Initiative» der Weltbank.

Inwiefern eignet sich integrales Wasser­management, um Lösungen für die Wasserknappheit in marokkanischen Städten zu finden?

Herausforderungen in 20 marokkanischen Städten

Wir führten zuerst eine Bestandsaufnahme der wichtigsten Herausforderungen beim Wassermanagement in 20 marokkanischen Städten durch. Zu diesen Herausforderungen gehören zum Beispiel die rasche Urbanisierung, die Trockenheit und das Hochwasser. IWRM steht und fällt mit dem institutionellen Umfeld. Deshalb analysieren wir, welche gesetzlichen Rahmenbedingungen in Marokko existieren, für welche Aufgaben Ministerien, lokale Regierungen und Versorgungsunternehmen zuständig sind und wie sie zusammenarbeiten.

Marrakesch macht vorwärts

In Marrakesch untersuchen wir die Situation im Detail: Wir analysieren, wo die Stadt heute beim Wassermanagement, bei der Abfallbewirtschaftung und der Entsorgung steht. Die Stadt setzt bereits einige IWRM-Massnahmen um: Für die Bewässerung von Golfplätzen verwendet sie zum Beispiel aufbereitetes Abwasser anstatt Grundwasser oder kostspielig aufbereitetes Trinkwasser.

Wir arbeiten eng mit der Weltbank und marokkanischen Behörden zusammen, um neue, vielversprechende IWRM-Lösungen in Marrakesch zu identifizieren, mit denen das Land künftige Herausforderungen bestmöglich meistern kann. Dabei prüfen wir über 20 Varianten auf deren Machbarkeit, schätzen Investitions- und Betriebskosten für mögliche Optionen und berechnen den sozio-ökonomischen Nutzen. Hilfreich dafür sind neben unserem interdisziplinären Team auch unsere lokalen Partner: fünf marokkanische Experten, die sich mit dem Thema IWRM und der Situation vor Ort bestens auskennen.

Vertiefte Analyse dank eigens entwickeltem «Quick Scan»

Braucht es Anpassungen bei Gesetzen oder bei der Zusammenarbeit von Behörden und Versorgern, damit die IWRM-Lösungen überhaupt greifen? Welche Finanzierungsmechanismen existieren, um die Umsetzung sicherzustellen? Unser selbst entwickelter «Quick Scan» hilft uns, dies herauszufinden. Städte können damit anhand eines Fragebogens selbst evaluieren, wo sie beim IWRM stehen und welches die wichtigsten Herausforderungen in den drei Domänen Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Entwässerung sind: bei der Wasser- und Dienstleistungsqualität, dem Infrastrukturmanagement, der kommerziellen Effizienz, der Abdeckung des Versorgungsgebiets, der Unternehmensführung, der Einhaltung von Umweltstandards, der Energieeffizienz und der Systemresilienz.

Das Projektteam

Projektteam

Reto Bühler (links) engagiert sich seit mehr als zwanzig Jahren für den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser. Weltweit hat er eine Vielzahl von technischen und institutionellen Trinkwasser- und Abwasserprojekten implementiert. Bei EBP leitet er das Team Trinkwasser und Abwasser. An den Errungenschaften des Gewässerschutzes erfreut er sich in seiner Freizeit beim Schwimmen in sauberen Flüssen und Seen. 

Als Ökonomin und Umweltmanagerin bearbeitet Denise Fussen (2. von links) Fragen an der Schnittstelle Klimawandel, gesamtwirtschaftliche Auswirkungen und institutionelle Entwicklung. In nationalen und internationalen Projekten erarbeitet die Leiterin des Teams Klimaschutz und -anpassung massgeschneiderte Lösungen für private und öffentliche Kundinnen und Kunden. In ihrer Freizeit unternimmt sie gerne sportliche Aktivitäten in der Natur und singt in einem Chor.

Risch Tratschin (2. von rechts) beschäftigt sich mit institutionelle Analysen, Projektevaluationen und Studien beim integralen Wasserressourcenmanagement, beim Gewässerschutz und bei Wasserthemen in der Entwicklungszusammenarbeit. Der Rätoromane ist oft mit dem Velo unterwegs, liebt die kulturellen Angebote der Stadt wie auch die Bergwelt des Engadins.

Ob integrales Wasserressourcenmanagement, Trinkwasserversorgung, Klimaveränderung, Hochwasser, Trockenheit oder Computersimulationen: Martin Rauber (rechts) ist in vielen Themen sattelfest, die einen Bezug zum Wasser haben. Seine Kundinnen und Kunden unterstützt er nicht nur in der Schweiz, sondern auch gerne weltweit. Balkan, Zentralasien, Südostasien oder Nordafrika – bisher war ihm kein Weg zu weit.